Otto Schmidt Verlag


FG Münster v. 3.7.2025 - 3 K 469/24 F

Strenge Anforderungen an die unmittelbare Nutzungsüberlassung

Ziel der Steuerbefreiung für Betriebsvermögen im Allgemeinen ist es, unternehmerisches Vermögen vor der Inanspruchnahme von Erbschaft- und Schenkungsteuer zu verschonen, um dadurch Unternehmen und Arbeitsplätze zu erhalten. Sinn und Zweck der Erfassung von Dritten zur Nutzung überlassenem Grundbesitz als Verwaltungsvermögen ist die Nichtbegünstigung von zum Betriebsvermögen gehörigen Grundbesitz, der aufgrund der Nutzungsüberlassung an Dritte sonst als Gegenstand der typischerweise risikolosen privaten Vermögensverwaltung anzusehen wäre.

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist der Sohn der Eheleute W. und S. (Erblasserin). Diese hatten 1987 ein Grundstück an den Kläger verpachtet. Eine GmbH nutzte seit 1990 den Grundbesitz aufgrund eines mit dem Kläger geschlossenen Unterpachtvertrags als Betriebsgrundstück (Produktions- und Lagergebäude). Die Erblasserin beerbte Herrn W. Am 1.7.1993 schloss sie mit der GmbH einen Vertrag über eine atypisch stille Beteiligung (GmbH & atypisch still). Auch der Kläger unterzeichnete den Vertrag.

Die Erblasserin verstarb am 15.4.2020. Der Kläger beerbte sie. Mit Bescheid vom 18.1.2023 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Summe der gemeinen Werte des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 bis 4 ErbStG, des jungen Verwaltungsvermögens, der Finanzmittel, der jungen Finanzmittel und der Schulden (§ 13b Abs. 10 ErbStG) stellte das Finanzamt hinsichtlich der übergegangenen stillen Beteiligung von der Erblasserin auf den Kläger die Summe der gemeinen Werte des Verwaltungsvermögens auf 354.670 € fest. Das Grundstück sei schließlich Verwaltungsvermögen.

Der Kläger machte geltend, der Grundbesitz sei nicht als Verwaltungsvermögen zu qualifizieren. Er diene ausschließlich als Produktions- und Lagergebäude der GmbH. Die GmbH sei in die Rechtsstellung als Pächter hinsichtlich des Pachtvertrags mit der Erblasserin eingetreten und habe ihn als Pächter abgelöst. Selbst wenn dies nicht der Fall sei, reiche die mittelbare Nutzungsüberlassung an die GmbH & atypisch Still für Zwecke des § 13b Abs. 4 Satz Nr. 1 Satz 2 Buchst. a) 2. Alt. ErbStG aus. Diese Ansicht werde auch in der Kommentarliteratur vertreten.

Das FG hat die gegen den Bescheid gerichtete Klage abgewiesen. Allerdings wurde zur Fortbildung des Rechts die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Das Grundstück gehört zum Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG in der am Stichtag geltenden Fassung vom 4.11.2016.

Maßgebend für die Einordnung von Wirtschaftsgütern als Verwaltungsvermögen sind die Verhältnisse am Stichtag der Entstehung der Steuer. Zu dem von der Begünstigung des Betriebsvermögens ausgeschlossenen Verwaltungsvermögen gehören u.a. gem. § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke und Grundstücksteile. "Dritter" i.S.d. § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG ist jede Person, die nicht mit dem Nutzungsüberlassenden identisch ist. Dritte können natürliche Personen --auch Angehörige--, Kapitalgesellschaften oder Personengesellschaften sein (BFH-Urt. v. 28.2.2024, II R 27/21). Nur der Grundstückseigentümer selbst scheidet als Dritter aus.

Das Grundstück war am Stichtag von der Erblasserin an einen Dritten, den Kläger, verpachtet. Der Pachtvertrag wurde nicht aufgehoben und bestand zum Stichtag fort. Aus der späteren Vereinbarung ergab sich lediglich, dass der Pachtvertrag aus dem Jahr 1987 ergänzt wurde und dass der Kläger das Grundstück gemeinsam mit anderen wesentlichen Betriebsgrundlagen an die GmbH unterverpachtet. Aus den vertraglichen Ergänzungen ergab sich nicht, dass die GmbH den Kläger als unmittelbaren Pächter des Grundbesitzes der Erblasserin ablöst.

Die Rückausnahme nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a) 2. Alt. ErbStG war nicht erfüllt. Die Erblasserin hatte das Grundstück nicht der Gesellschaft (GmbH & atypisch Still) zur Nutzung überlassen. § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a) 2. Alt ErbStG umfasst nicht die mittelbare - durch Zwischenschaltung einer anderen Person - Überlassung des Vermögensgegenstands durch den Gesellschafter an die Gesellschaft. Es reicht nicht aus, dass die endgültige Nutzung in der Gesellschaft erfolgt. Die vorliegende Verpachtung durch die Erblasserin an den Kläger, welcher den Grundbesitz an die GmbH unterverpachtet, ist nicht vom Wortlaut der Rückausnahme erfasst.

Dieses Ergebnis entspricht auch dem Sinn und Zweck der Nichtbegünstigung von Verwaltungsvermögen. Ziel der Steuerbefreiung für Betriebsvermögen im Allgemeinen ist es, unternehmerisches Vermögen vor der Inanspruchnahme von Erbschaft- und Schenkungsteuer zu verschonen, um dadurch Unternehmen und Arbeitsplätze zu erhalten. Sinn und Zweck der Erfassung von Dritten zur Nutzung überlassenem Grundbesitz als Verwaltungsvermögen ist die Nichtbegünstigung von zum Betriebsvermögen gehörigen Grundbesitz, der aufgrund der Nutzungsüberlassung an Dritte sonst als Gegenstand der typischerweise risikolosen privaten Vermögensverwaltung anzusehen wäre.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 11.09.2025 15:02
Quelle: Justiz NRW

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